Jasper National Park/Kerkeslin Campground - Wir verursachen einen Verkehrsstau!

Okay, ich gebe es zu: Die Rocky Mountains sind toll. Zumindest das, was wir bisher von ihnen gesehen haben. Wir waren ja etwas verhalten von den vielen Berichten, die wir gehört haben: Touristenmassen. Keine Parkplätze mehr. Umzingelt von Asiaten. Und natürlich haben wir uns gedacht: Schöne Berge haben wir auch daheim. 

Nichts da. Die Rockies sind anders. Wilder. Ursprünglicher. Wir bewegen uns auf einer Höhe (zwischen 1000 und 1700 Meter über NN), auf der in den Alpen liebliche Hügel und sanfte Almwiesen zu finden wären. Dahinter türmen sich dann 2000er und 3000er auf, die alle mit einem Gipfelkreuz und ner Hütte versehen sind. Und Wanderwege führen hoch. Oder Klettersteige. 

Hier ist das anders. Lieblich ist hier unten schon nichts, sondern man spürt an der Gewalt der Flüsse und ihrer Wasserfälle, an den Felsen und der kargen Landschaft die Kraft der Gletscher, die diese Berge geformt haben und die wir in den kommenden Tagen sehen werden. Viele dieser Berge sind noch gar nicht richtig bezwungen und im blödsten Fall wartet unterwegs dann auch noch ein Grizzly.

Heute haben wir es noch einmal gemütlich angehen lassen. Zwar sind wir morgens um halb acht mit zwei schlafenden Kindern vom Campground losgefahren. Das ist wirklich nett. Nach ein paar Kilometern streckt erst die eine den Kopf aus der Koje runter ins Fahrerhaus. Kurze Zeit später maunzt es hinten. Und dann sitzen beide noch bettwarme Kinder im Schlafanzug vorne auf meinem Schoß und wir tuckern die einsame Straße entlang. Zumindest auf kurzen Strecken nehmen wir es da nicht so genau.

Heute wollten wie schnell zu den Athabasca Falls. Zwar gibt es höhere Wasserfälle, aber die Massen, mit denen das Wasser hier durchrauscht, sind beeindruckend. Die Fälle stehen auf der Liste aller Bustouren hier und daher wollten wir vor der Völkerwanderung ankommen. Haben wir auch geschafft. Amsel und Spatz haben einen Müsliriegel in die Hand bekommen und dann haben wir uns diese beeindruckenden Wasserfälle fast alleine in einer schönen Morgenstimmung angeschaut.

Athabasca Falls morgens um halb acht
Lena Herrmann

Wild und rauschend und nass
Lena Herrmann

Beeindruckend sowieso
Lena Herrmann

Jetzt aber Frühstück!
Lena Herrmann

Anschließend gab es auf dem Parkplatz ein vernünftiges Frühstück. Schon praktisch, wenn man sein Zuhause immer dabei hat. Und schon ging es weiter zum nächsten Campingplatz, denn für die nächsten drei Nächte haben wir nichts gebucht und so wollten wir uns rechtzeitig einen Platz reservieren, unser „bezahlt“-Zettelchen an den Pfosten des Platzes hängen und so sicher sein, dass wir eine nette Stelle zum Übernachten haben. Der Plan ist aufgegangen.

Auf dem Weg zurück nach Jasper (die Strecke, auf der wir uns die kommenden Tage bewegen, ist genau eine Straße von Norden nach Süden. Oben ist Jasper, unten Banff. Und dazwischen gibt es irre viel zu sehen und zu erwandern, aber keine Möglichkeiten, einzukaufen oder zu tanken), wo wir uns für die kommenden Tage ausrüsten und noch etwas bummeln wollten, haben wir dann einen kleinen Verkehrsstau verursacht.

Erst hält einer, dann alle
Lena Herrmann

Beim Vorbeifahren habe ich im Augenwinkel einen Bären gesehen. Also habe ich gerufen „Stop! Ein Bär!“. Jetzt ist der Icefield Parkway zwar ein vielbefahrener Highway, aber oft die Geschwindigkeit auf 60 oder 70 km/h gedrosselt. Und es gibt einen breiten Standstreifen. Aber ein Highway ist es dennoch. Natürlich konnte der Mann nicht sofort die Bremse reinhauen, hat aber bei der nächsten Gelegenheit einen waghalsigen U-Turn auf der Straße gemacht und wir wieder zurück zur Stelle, wo ich den Bär vermutet habe. Warnblinker an. Rechts ran.

Das lustig ist, dass es die gesamte Autoschlange hinter einem einfach auf gut Glück nach macht. Ich meine, es könnte ja auch ein Kind spucken oder so. Aber alle vermuten natürlich sofort eine Tiersichtung. Aufgrund unserer Bremsung stoppte also auf beiden Straßenseiten der Verkehr und innerhalb einer Minuten waren bestimmt 30 Autos und Camper am Straßenrand.

Wir hatten da den imposanten Schwarzbären (er war sehr braun, aber ich bin fast sicher, dass es kein Grizzlybären war) schon gesichtet, der in den Blaubeerbüschen saß und schmatzte. Am Straßenrand zwischen den ganzen Autofahrern und Touristen entspann sich die Diskussion ob Schwarzbär oder Grizzly. Die Neuankömmlinge fragen zudem: „What is it?“ und kurz danach „Where is it?“ und alle tigern zwischen den parkenden Autos rum, um ein gutes Foto zu bekommen. Komplett verrückt und auch etwas lächerlich. Aber inzwischen kann ich dieses Jagdfieber gut verstehen. Und natürlich waren wir stolz, dass wir den Bären gesehen haben.


Der gestrige Tag war übrigens bis auf einen prächtigen Wapitibullen am Straßenrand tierlos. Dafür waren wir in den Miette Hot Springs, weil das Wetter gar zu regnerisch war und wir der Amsel versprochen hatten, nicht zu wandern. Mit über 50 Grad kommt das Wasser östlich von Jasper aus den Bergen und wird dann auf 39 Grad runtergeführt, so dass auch der kleinen Spatz gut darin baden konnte. Das war wirklich schön, zumal es zum Abkühlen auch nich kalte Becken gibt. Die gesamte Anlage ist draußen und um einen herum die Berge und dann kam auch noch die Sonne raus: Ein Hit!



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